Pia Linz (D)
My days in Die
Pia Linz stellt ihre Beobachtungen, die sie während ihres Aufenthalts im Diois macht, in Aquarellen aus. Von der Zeichnung kommend, experimentiert sie in Die mit einer neuen, spontaneren Technik und schafft so ein Tagebuch in Bildern, das von ihrem Ringen mit den flüchtigen Schatten und der Wanderung der Sonne zeugt...
Seit etwa 20 Jahren schafft Pia Linz ortsspezifischen Zeichnungen, die sie „Ortsbilder“ nennt und für die sie einen ganz eigenen Ansatz entwickelt hat. Sie nähert sich den jeweiligen Orten systematisch und vermisst das Gelände mit ihren Schritten. Auf der Basis eines so gewonnenen Rasters entstehen über Monate hinweg kartographische Zeichnungen, in denen die Künstlerin verschiedene Perspektiven ebenso ineinander verwebt wie Kommentare von PassantInnen oder ein Vermerk zu einem auffälligen Geruch oder einer anderen Besonderheit. Diese multiperspektivischen und in gewisser Weise multisensorischen Wahrnehmungsnotationen sind allerdings sehr zeitaufwändig und benötigen meist mehrere Monate.
Aus diesem Grund hat Pia Linz während ihres einmonatigen Aufenthalts bei DIEresidenz ein anderes, spontaneres Medium ausprobiert – Aquarellmalerei auf Papier. Weniger konzeptuell vorgehend, bleibt der Kern ihrer Arbeit jedoch derselbe: Das Thema ist die Wahrnehmung der Welt, die die Künstlerin umgibt und mit der sie beim Arbeiten im direkten Kontakt steht. Mit ihrer Aquarellstaffelei erkundet sie die Landschaft rund um das Viertel Chénos und verdichtet die einnehmenden Naturpanoramen auf verhältnismäßig kleine Formate. Kein zeichnerischer Strich oder gar eine Kontur ist zu sehen, nur Farbe und diagonal begrenzte Flächen, die Pia Linz in der Natur des Diois als hervorstechendes Merkmal erkennt.
Während die kleinformatigen Landschaftsbilder der ersten Hälfte ihrer Residenz einer Art Tagebuch von Pia Linz gleichkommen (My days in Die), so treten in der zweiten Hälfte einzelne Dinge aus dem Haus oder Atelier in ihr Wahrnehmungsfeld und schaffen es, sich – eins nach dem anderen – portraitieren zu lassen. Nun ist es das Detail, sei es ein Stein oder ein Holzscheit, das wahrgenommen werden will, sich im Großformat in den Vordergrund drängt, geradezu den Bildrahmen sprengt. Gleichzeitig entzieht es sich der Wahrnehmung (jetzt die der BetrachterInnen), da es sich an der Grenze zum Sichtbaren befindet: In den von der Künstlerin gewählten zarten Farbtönen wirken die eigentlich eher schweren Gegenstände leicht, manchmal abstrakt oder enigmatisch. Die Wahrnehmung der uns umgebenden Welt, auch Realität genannt, gleicht einem Rätsel (enigma), „einer Aufgabe oder einem Spiel, das durch Raten und Nachdenken zu lösen ist.“